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Liebe Chemnitzerinnen und Chemnitzer,

am 14. Oktober letztes Jahr war ich bei der Chemnitzer Seebrücke-Gruppe dabei, als wir die Petition „Chemnitz muss Sicherer Hafen werden“ mit 1560 Unterschriften an die Stadträte von Linke, Grüne und SPD übergaben zur Unterstützung des Antrags dieser drei Fraktionsgemeinschaften. Doch anders als die mittlerweile über 250 deutschen Kommunen ist Chemnitz vorerst noch kein Sicherer Hafen für die Menschen, die in den menschenverachtenden Lagern an den Außengrenzen der EU Jahr um Jahr dahinvegetieren.

Das positive Signal, das mit einer Entscheidung für mehr Menschlichkeit hätte gesetzt werden können, wurde mit den Stimmen von CDU, FDP, AfD und Pro Chemnitz abgeschmettert. Stadtrat Müller-Rosentritt von der FDP hatte einiges über die Würde des Menschen zu erzählen, die unantastbar sei … dann lehnte die FDP den Antrag ab. CDU-Stadtrat Hähner argumentierte, dass man nicht in die Gesetze anderer Länder eingreifen könne – offenbar weil die griechische Regierung auf größtmögliche unmenschliche Abschreckung in den Lagern setzt und es für Deutschland die einfachste Lösung ist, die Geflüchteten dort zu halten. Für CDU-Stadtrat Di Leo war das mit dem sicheren Hafen und so zwar menschlich nachvollziehbar, aber er setzte auf eine europäische Lösung. Den Geflüchteten in den abgebrannten oder überfluteten Lagern in Moria und deren Kindern, von denen viele massiv suizidgefährdet sind, gab er mit auf den Weg, dass man die eine oder andere Härte mal abhalten können muss.

In der Zwischenzeit ist ein weiterer Winter vergangen, gab es in den beengten Lagern ohne ausreichend Hygiene und Abstand Coronaausbrüche und andere Krankheiten, herrscht extreme Verzweiflung bei den Menschen. Das hat mit der unantastbaren Würde des Menschen nichts zu tun, Herr Rosentritt. Und die europäische Lösung ist immer noch nicht in Sicht, Herr Di Leo.

21 Jahre nach dem Dublin-Abkommen, das festlegte, dass ein schutzsuchender Mensch ein Asylverfahren nur in dem Staat durchlaufen kann, über den er in die EU gekommen ist, schieben die EU-Staaten die häufig traumatisierten Menschen zwischen ihren Staaten hin und her und versuchen die Menschen auch durch illegale Push Backs abzuwehren. FRONTEX und die EU – wohlgemerkt Friedensnobelpreisträgerin – verfolgen eine Politik, die darauf abzielt, Migration um jeden Preis einzudämmen. Als Konsequenz haben seit 1993, als der sog. Asylkompromiss geschlossen wurde als Reaktion auf den rechten Terror von Rostock und Hoyerswerda, der der staatlichen „Das Boot ist voll“-Kampagne folgte, mehr als 40.000 Menschen ihr Leben verloren.

Und die AfD klatscht Beifall und fordert noch stärkere Abwehr von Menschen in Not. In ihrem unsäglich rassistischen, völkisch-nationalistischen, frauenfeindlichen, scheinsozialen und durch und durch reaktionären Wahlprogramm zur Bundestagswahl lehnt sie jegliche europäische Lösung ab und labert von selbstverschuldeten Ursachen. Besonders infam ist die Ablehnung jeglichen Familiennachzuges für Geflüchtete und die Abschiebung in Kriegsgebiete. In einer Reihe wichtiger Fragen hat sich der scheinaufgelöste faschistische Flügel von Björn Höcke durchsetzen können. So hat die AfD ein Sammelsurium von Schändlichkeiten in ihrem Wahlprogramm stehen, die sich wie die gehässigen Sprüche auf den Pegida-Demos zusammenfassen lassen: absaufen, absaufen!

Diese Partei hat als parlamentarischer Arm der extremen Rechten, Menschenfeindlichkeit, antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus hoffähig gemacht und in die Parlamente getragen. Mit der AfD besteht zum ersten Mal in der deutschen Nachkriegsgeschichte die Gefahr desWiederentstehens einer faschistischen Partei mit bundesweitem Masseneinfluss.

Dem setzen wir unsere Anti-AfD-Kampagne entgegen, die mit einem offenen Online-Treffen am 30. Juni und dem offiziellen Start unserer Kampagne am Tag darauf, dem Tag des Gedenkens an Marwa El Sherbini und Tag des antimuslimischen Rassismus, beginnt. Höhepunkt unserer Kampagne wird das Antirassistische Wahlforum am 11. September sein, bei dem besonders Betroffene von Rassismus, Menschen mit Migrationsgeschichte und People of Colour zu Wort kommen sollen. Eine weitere wichtige Etappe ist für uns die bundesweite #unteilbar-Großdemo am 4. September in Berlin, bei der wir einen starken Anti-AfD-Block gestalten wollen.

Wenn ihr Interesse habt, an Protestaktionen oder bei Infoständen oder inhaltlichen Veranstaltungen dabei zu sein, tragt euch gern in unsere Liste ein und kommt zum offenen Online-Treffen am 30. Juni. Wir laden euch ein, mit uns gemeinsam die AfD zu stoppen.

Wir begrüßen zudem die Entscheidung des Stadtrates, der Europäischen Koalition der Städte gegen Rassismus beizutreten. Wir setzen uns dafür ein, dass Alltags- und strukturellem Rassismus sowie Ausgrenzung und rassistischen Angriffen auf Geflüchtete, Menschen mit Migrationsgeschichte und People of Colour ein solidarisches Miteinander entgegengesetzt wird. Wir halten die Umsetzung der Ziele des 10-Punkte-Aktionsplans der Koalition der Städte gegen Rassismus für unabdingbar und möchten im Sinne einer solidarischen „Stadt der Vielfalt“ diese Arbeit unterstützen und unsere positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Initiativen und Organisationen für ein zu schaffendes „Begegnungszentrum Solidarisches Chemnitz“ einbringen und so das Zusammenwachsen der gesamten Stadtgesellschaft fördern. Mehr dazu werdet ihr in Kürze erfahren.

Zusammen mit der Seebrücke werden wir von Aufstehen gegen Rassismus uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass der Antrag „Chemnitz zum sicheren Hafen machen“ erneut im Stadtrat verhandelt wird. Vielleicht kann sich ja das eine oder andere Mitglied von CDU oder FDP für die Entkriminalisierung der Seenotrettung und neue staatliche Rettungsmissionen einsetzen, Geflüchtete in ihrer Mitte willkommen heißen und bereit sein, mehr Menschen aufzunehmen, als sie müssten. Dass wären dann mal Werte, die wir verteidigen könnten.

LeaveNoOneBehind! Unsere Alternative ist Solidarität!

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